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Führung zwischen Kontrolle und Vertrauen

Verantwortung sinnvoll teilen

Führung bewegt sich immer zwischen zwei Polen: Kontrolle und Vertrauen. In Zeiten von Unsicherheit wächst der Drang, alles im Blick zu behalten. Das wirkt beruhigend für die Führungskraft, kostet das Team aber oft Freiheit, Energie und Eigeninitiative.


Wenn Kontrolle zur Last wird

Mikromanagement entsteht, wenn Führungskräfte Aufgaben so eng begleiten, dass kaum eigene Entscheidungen möglich sind. Alles muss zur Freigabe zurück, Abweichungen werden sofort kommentiert, auch wenn sie das Ergebnis nicht gefährden.


Die Folge: Mitarbeitende ziehen sich zurück, warten auf Vorgaben und verlieren den Antrieb. Kreativität erstickt. Die Botschaft ist eindeutig: „Ich traue dir nicht.“


Kontrolle ist nicht gleich Kontrolle

Kontrolle kann notwendig sein. Die Frage ist, warum und wie sie eingesetzt wird. Eine Rückfrage kann Misstrauen ausdrücken oder kritisches Denken. Ein Eingriff kann entmündigen oder Lernen unterstützen.


  • Mikromanagement ist Kontrolle um der Kontrolle willen. Sie zielt auf Details, die keine Rolle spielen, und signalisiert Misstrauen.

  • Kritisches Denken prüft die Sache, deckt Risiken und blinde Flecken auf. Es geht nicht um Zweifel an der Person, sondern um Qualität.

  • Unterstützung beim Lernen greift bewusst ein, wenn jemand neu oder unsicher ist. Ziel ist es, Orientierung und Sicherheit zu geben, bis die Aufgabe selbstständig gelingt.


Es ist nicht die Handlung, die entscheidet, sondern die Haltung dahinter.


Wann Eingreifen notwendig ist

Das Eingreifen einer Führungskraft ist sinnvoll, wenn:


  • rechtliche oder sicherheitsrelevante Vorgaben betroffen sind,

  • ein drohender Schaden für Qualität, Budget oder Ansehen nicht rückgängig zu machen wäre,

  • Werte oder die Zusammenarbeit im Team verletzt werden,

  • dauerhafte Blockaden die Arbeit verhindern.


In diesen Fällen ist Kontrolle Ausdruck von Verantwortung, nicht von Misstrauen.


Verantwortung teilen, ohne sie abzugeben

Verantwortung kann nicht abgegeben werden. Sie bleibt bei der Führungskraft. Aber sie lässt sich teilen, indem Zuständigkeiten und Entscheidungsräume klar verteilt werden.

Teilen heißt: Mitarbeitende wissen, worüber sie entscheiden dürfen und wofür sie verantwortlich sind. Sie haben Freiraum für eigene Wege und erleben, dass Ergebnisse zählen. Führungskräfte bleiben in der Verantwortung für Ziele, Rahmen und Kultur.

Teilen bedeutet also nicht: „Mach du, damit ich entlastet bin.“ Es bedeutet: „Ich bleibe verantwortlich und du trägst deinen Teil.“


Teamreife beachten

Ob Verantwortung geteilt werden kann, hängt von der Erfahrung und Sicherheit der Mitarbeitenden ab. Neue Personen brauchen mehr Struktur und Nähe. Erfahrene brauchen Feedback und Coaching. Experten brauchen klare Ziele und Freiheit. Führung passt sich daran an, ohne die eigene Verantwortung loszulassen.


Sprache entscheidet

Sprache macht sichtbar, ob Vertrauen oder Misstrauen herrscht. „Warum hast du das nicht so gemacht?“ legt Schuld nahe. „Welche Risiken siehst du, und wie gehst du damit um?“ zeigt Interesse und Zutrauen. Die Wirkung auf Verantwortung ist grundverschieden, bei äußerlich gleicher Situation.


Persönliche Verantwortung bleibt unteilbar

Es gibt Aufgaben, die keine Führungskraft abgeben kann:


  • Haltung zeigen und damit das Klima prägen,

  • Ziele und Prioritäten setzen,

  • Entscheidungen treffen, die das Team in seiner Würde betreffen,

  • Vorbild sein durch Klarheit und Verlässlichkeit.


Diese Verantwortung bleibt immer bei der Führungskraft.


Fazit: Balance halten

Führung ist keine Frage von Schwarz oder Weiß. Sie bewegt sich in Grauzonen und ist eine Gratwanderung. Sie besteht darin zu unterscheiden: Wann ist Kontrolle nötig, wann ist sie Ausdruck von Angst? Wann fördert eine Nachfrage die Qualität, wann blockiert sie Verantwortung? Wann begleite ich beim Lernen, wann greife ich zu stark ein?

Wer Verantwortung teilt, stärkt sein Team und bleibt selbst verantwortlich. Wer im Mikromanagement verharrt, schwächt Vertrauen und nimmt dem Team die Kraft, mit Veränderung umzugehen.


Reife Führung zeigt sich genau hier: in der Balance zwischen Kontrolle und Vertrauen und in der Bereitschaft, Verantwortung zu teilen, ohne sie aus der Hand zu geben.



ree

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