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Kreativität braucht Inspiration. Welche Rahmenbedingungen neue Ideen fördern


Kreative Prozesse benötigen Inspiration. Es braucht eine Idee für den Beginn des schöpferischen Prozesses. Ideen sind überall zu finden. Und trotzdem bin ich manchmal ideenlos. Die Lösung für ein Problem will mir nicht einfallen. Dabei grübele und recherchiere ich intensiv zu dem Problem. Die Idee für ein Bild will mir nicht einfallen. Jeder Versuch, ein Bild zu malen, landet als zerknülltes Blatt in meinem Papierkorb. Ideen für meine Fotos wollen mir nicht einfallen. Jedes Mal, wenn ich meine Kamera zücke, wirkt das Foto belanglos. Ideen für meine Texte wollen mir nicht einfallen. Jeder Text fällt schlussendlich der Delete-Taste zum Opfer. Mit etwas Glück verschwindet er im Archiv meiner Handynotizen. Nur die Taste zum Veröffentlichen wird nie gedrückt. Bestimmt fallen dir ähnliche Situationen aus deinem Alltag ein, in denen dir die Inspiration fehlt und deine kreative Arbeit sich schleppend anfühlt. Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Ideen entstehen können?


Offener Geist

Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein)

Ohne eine offene Geisteshaltung können wir uns nicht inspirieren lassen. Es braucht Neugier und damit Interesse, etwas Neues zu entdecken, das die eigene Perspektive verändert oder womöglich grundlegend auf den Kopf stellt. Erst, wenn ich mir erlauben kann, mich weiterzuentwickeln, zu lernen und durch andere Sichtweisen anstecken zu lassen für meinen ganz eigenen Schaffens- und Entwicklungsprozess, kann ich mich für neue Ideen öffnen. Das erfordert allerdings auch die Bereitschaft, mich zu reflektieren und zu korrigieren. Dazu ist es wichtig, dass ich mein Ego, das gerne recht behalten will und mich aus Selbstschutz womöglich zu einer verschlossenen Geisteshaltung motivieren möchte, liebevoll in Schach halten kann. Besonders dann, wenn ich mich selbst mit einem bestimmten Status an Können und Wissen identifiziere, kann es mir schwer fallen, mir den sogenannten Anfängergeist wieder zu erlauben. Es bedeutet, mich wieder dafür zu öffnen, etwas zu lernen. Es bedeutet, dass ich mir eine Haltung des Nichtwissens und Erforschens aneigne. Es bedeutet vor allem auch, mir selbst zu erlauben, etwas richtig schlecht machen zu dürfen, um durch Üben und Lernen besser zu werden. Eine verschlossene Geisteshaltung kann sich auch in unserer ständigen Bewertung oder Abwertung zeigen, wohingegen ich in einer offene Geisteshaltung erstmal nur wahrnehme und handle, bevor ich mir ein Urteil bilde, wenn ich überhaupt bewerte. Eine offene Geisteshaltung braucht Selbstvertrauen als Grundhaltung. Wenn ich mir selbst vertraue, kann ich meine Wahrnehmung weiten und mich Ideen öffnen.


Alltagsrituale

Für mein kreatives Pensum gehe ich unter die Dusche. (Woody Allen)

Sicherlich kennst du den Moment unter der Dusche oder beim Autofahren, wenn die Gedanken umherschweifen und dir plötzlich ein Licht aufgeht. Die zündende Idee kommt mir erst in den Sinn, wenn ich mich entspanne und ablenke. Dieser Moment steht allerdings selten für sich allein, sondern ist Teil meines Arbeitsprozesses. Eine Idee muss reifen. Das geschieht, wenn man sie in Ruhe lässt. Als Stufe im Kreativitätsprozess spricht man oft von der sogenannten Inkubation, die der Illumination, sprich dem Geistesblitz, vorausgeht. Das Nichtstun ist somit ein aktiver Bestandteil des kreativen Prozesses. Alltagsbeschäftigungen gewinnen damit eine ganz andere Bedeutung als Teil von kreativer Arbeit. Sie können förmlich notwendig sein, um erfolgreich zu sein. Mason Currey hat in seinem Buch "Musenküsse. Die täglichen Rituale berühmter Künstler." Alltagsstrategien von Künstlern aufbereitet, die sie für ihre kreative Arbeit brauchten. Eine wesentliche Erkenntnis aus der Lektüre war für mich, dass jede Person diese Alltagsrituale für sich passend machen muss. Von anderen kann ich mich nur zu meinen eigenen Alltagsritualen inspirieren lassen.


Spazierengehen

Solvitur ambulando - Es wird beim Gehen gelöst. (Lateinisches Sprichwort)

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Bewegung unsere geistigen Fähigkeiten verbessert und unseren Erfindergeist fördert. Besser als die Theorie ist jedoch die eigene Erfahrung. Viele von uns haben während der Corona-Pandemie das Spazierengehen wieder für sich entdeckt. Hast du mal an dir selbst beobachtet, wie sich regelmäßiges Spazierengehen auf dich auswirkt? Das ist für mich wesentlich interessanter als die Theorie, da dir diese Selbsterfahrung Anhaltspunkte vermittelt, wie du Spazierengehen auch zur Förderung deiner ganz persönlichen Kreativität einsetzen kannst. Persönlich habe ich den Spaziergang in der Natur in einer extremen Stresssituation schon vor der Corona-Pandemie für mich entdeckt. Ehrlicherweise nicht ganz freiwillig. Aus gesundheitlichen Gründen sollte ich drei Mal pro Woche mindestens zwei Stunden zügig im Wald spazieren gehen, um körperlich Stress abzubauen. Begeistert war ich nicht, aber den Weckruf hatte ich verstanden, und so lief ich los, alleine und ohne Ablenkung. Das führte dazu, dass ich mich wieder mit mir selbst verbinden konnte. Gefühle lösten sich. Gedanken sortierten sich. Ideen fanden ihren Raum. Und so konnte ich das lateinische Sprichwort "Es wird beim Gehen gelöst." selbst erfahren und habe das Spazierengehen in der Natur als Ritual in meinen Alltag integriert, um einerseits Stress zu regulieren und andererseits meine Kreativität zu fördern. Besonders, wenn mich Gefühle belasten oder ich im Prozess feststecke, nutze ich einen Waldspaziergang aktiv als Hilfsmittel. Ich kenne auch die Erfahrung, dass das Beobachten der Natur und ihrer Wachstumsprozesse an sich, Zuversicht und Inspiration schenken. Aber auch ein Spaziergang durch eine bekannte oder fremde Stadt kann eine Quelle der Inspiration für mich sein.


Anregendes Umfeld

Ich suche nicht - Ich finde! (Pablo Picasso)

Bei einem anregenden Umfeld geht es für mich darum, sinnliche Anreize zu erleben, die meine Neugier anregen und meinen Geist in Bewegung bringen. Das kann die Entdeckung eines neuen Geschäfts oder Restaurants sein, dessen Inneneinrichtung so gemütlich ist, dass ich neue Ideen für meine eigene Wohnungseinrichtung habe. Es kann ein besonderer Lichteinfall in einem Straßenzug sein, der mich ein Foto schießen lässt. Es kann sein, dass ich einen neuen Buchladen entdecke und beim Stöbern ein Buch finde, das mir bei einem Problem weiterhilft. Das kann das Bücherregal in meinem Arbeitszimmer sein, das mir bei der Bearbeitung eines Problems oder dem Schreiben eines Textes die nötige Inspiration liefert. Das kann ein zufälliges Gespräch sein, das mir den nötigen Tipp gibt, hilft die Perspektive zu wechseln oder mir als Inspiration für die Gestaltung einer Romanfigur dient. Für diesen Beitrag war es der Lichteinfall durch mein Wohnzimmer, der einen besonderen Schatten geworfen und mich zu dem Foto inspiriert hat. Als ich feststellte, dass ich diese Art Alltagsschnappschüsse lange Zeit nicht mehr gemacht hatte, fühlte ich mich inspiriert, dem auf den Grund zu gehen und meine Gedanken dazu zu teilen. Und so führt oft eins zum anderen. Im besten Fall geraten ich in einen Flow. Dann kann ich den Impulsen direkt folgen und meine Ideen ins Handeln umsetzen. Wenn die Inspiration fließt und eine Idee die Nächste ergibt, habe ich meistens auch eine Menge Spaß.


Arbeiten

Aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Johann Wolfgang von Goethe)

Meinen Impulsen und Ideen Ausdruck verleihen zu können und in der Arbeit selbst zu sein, ist für mich ein anderer Aspekt der Inspiration. Denn auch beim schöpferischen Handeln brauchen wir immer wieder neue Ideen. Wenn ich eine Idee aus meinem Kopf auf ein Blatt Papier bringen will, indem ich ein Bild male, eine Kurzgeschichte schreibe oder ein Konzept entwerfe, werde ich immer wieder auf Probleme stoßen, für die ich Lösungen brauche in der Bildkonzeption, in der Formulierung eines Satzes, in der Strukturierung eines Konzeptes. Immer wieder brauche ich Ideen, um meine Arbeit fortzusetzen. Je besser mir das gelingt, desto mehr gerate ich in den sogenannten Flow, bis ich entweder fertig bin mit meiner Arbeit oder wieder eine Pause brauche. Der kreative Prozess hat seinen eigenen Rhythmus. Je weniger ich in störe oder stören lasse, desto leichter wird er mir fallen. In Unternehmen hört man immer wieder die Aussage "ungestört Arbeiten zu können" oder "mehr Zeit für die eigentliche Arbeit" zu haben. Um unsere Arbeit inspiriert erledigen zu können und Spaß an ihr zu haben, ist für eine bestimmte Zeit ungestört an etwas arbeiten und den Impulsen folgen zu können, eine wesentliche Rahmenbedingung und als Bedürfnis ernst zu nehmen. Mir gelingt es nicht immer Störungen vollumfänglich zu vermeiden. Das bringt das Leben und Arbeiten so mit sich. Allerdings trage ich die Verantwortung dafür, mir meinen Arbeitsalltag in meinem Umfeld so zu gestalten, dass ich die für mich in meinem Umfeld bestmöglichen Rahmenbedingungen habe.


Rhythmus

Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht. (Afrikanisches Sprichwort)

Kreative Arbeit hat ihren eigenen Rhythmus und braucht damit auch ihre eigene Zeit. Aus wirtschaftlichem Blickwinkel ist Zeit allerdings eine knappe Ressource. Ein Mangel an Inspiration kann daher resultieren, dass wir keine Zeit mehr haben, uns inspirieren zu lassen. Eine verschlossene Geisteshaltung kann dem Druck geschuldet sein, dass ich keine Zeit mehr haben, mich für Neues zu öffnen. Ein kreativer Prozess wird dadurch gestört, dass ich ihm nicht genug Zeit und Raum ermögliche.

Wenn ich kreativ sein muss, obwohl ich eigentlich gerade eine Pause brauche, damit Ideen reifen können, werde ich vermutlich mein kreatives Potenzial nicht ausschöpfen können. Wenn ich Inspiration finden möchte, allerdings nicht mal mehr die Zeit habe, ein Buch in die Hand zu nehmen, werde ich vermutlich eher Bewährtes reproduzieren. Um mich inspiriert zu fühlen, ist es wichtig, dass ich mir Zeit für Inspiration nehme und in all meinen Plänen genug Platz lasse, um reagieren zu können, wenn ich neue Impulse brauche.

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